Nach Bordcomputer war gestern Nacht unsere ETA – estimated time of arrival – für Ensenada gegen 4 Uhr früh. Wir liefen unter Motor und schalteten auf ca. 1700 Umdrehungen zurück, um die Ansteuerung im ersten Tageslicht zu bewerkstelligen. So konnten wir denn auch gut die alten Schiffwracks im Hafenbecken ausmachen, auf denen sich grosse Seehundkolonien breitgemacht haben. Und die riesige mexikanische Flagge bestaunen, die von der Mole für die Kreuzfahrtschiffe wehte und so ungefähr die Größe eines Volleyballfeldes hatte.
Um 7.30 Uhr Leinen fest und Beginn der Arbeit bis zum Mittag: Wasserfassen, Motorinspektion, Wantenspannung nachstellen, um die leichte Biegung in der obersten Sektion herauszubekommen, die uns, nach Mehrheitsmeinung, auf Stb-Bug viel Fahrt gekostet hat. Der poröse Mastkragen wird erneuert. Hoffentlich ist er dann wirklich dicht – mein Schlafsack ist, zum ersten Mal auf dieser Reise, sonnentrocken. Reffsterte und Fallen werden auf Schamfilings überprüft, ggf. gekürzt und neu betakelt.
Beim Einlaufen in Ensenada gab es eine kleine Missstimmung zwischen Christoph und mir, als ich die Männer der Marina auf Spanisch begrüsse und die sich deshalb an mich halten, obwohl ich ihnen Christoph als capitano vorstelle. Christoph fühlt sich nicht mehr als Herr der Kommunikation und er hat ja auch recht damit: bevor er fragen kann, weiß ich schon, dass der ganze Papierkrieg hier beim Hafenmeister erledigt werden kann, einschliesslich des Ausklarierens, der „declaración de despedida“ aus Mexiko, unabdingbare Voraussetzung für den Eintritt in die Estados Unidos, der morgen gegen Mittag in San Diego ansteht. Christoph ist etwas verschnupft und nimmt Chippie, der zwei Auslandssemester in Santiago de Chile studiert hat und recht gut Spanisch spricht, mit zum capitano del puerto. Ihm sagte ich sicherheitshalber, beiseite, damit der Skip es nicht merkt, was „Ausklarieren“ auf Spanisch heisst. Dabei wäre das gar nicht nötig gewesen. Hier spricht alles englisch.
Ich lasse die Verstimmung undiskutiert: Ensenada ist ja der letzte spanischsprachige Ort, den wir angelaufen haben. Und irgendwie ärgere ich mich gleich darüber, nicht darauf zu sprechen zu kommen. Denn die Lösung wäre ja so einfach gewesen: Christoph hätte mich nur als „traductor“ vorstellen müssen und sowohl seine Rolle als Skipper wäre damit deutlich geworden als auch der Höflichkeit Genüge getan gewesen…
Und nun nichts wie ab unter die Dusche, warm, süß, prickelnd. Dieser wundervolle Genuß, wenn nach einigen Tagen auf See Körperdüfte und Salz von der Haut und aus den Haaren gespült werden!